Die durch den „Frauenförderungsplan“ von oben her verordnete konsequente getrenntgeschlechtliche Formulierung zerstört die gewachsene Struktur der deutschen Sprache bis hin zur Unlesbarkeit und Unverständlichkeit. Sprachliche Gleichbehandlung – Ja! Gendering – Nein!

Man versuche zB nur § 2 des Bundesgleichbehandlungsgesetzes zu lesen und zu verstehen. Die Verpflichtung zur generellen getrenntgeschlechtlichen Formulierung führt dazu, dass manche Aussagen nun schlichtweg nicht mehr „politisch korrekt“ formulierbar sind, zB Sätze wie „Frauen sind eben doch die besseren Zuhörer“. Das Beispiel zeigt klar auf: Die verordneten Vorschriften widersprechen zum Teil den Grundregeln unserer Sprache.

Das Maskulinum als Feindbild

Die feministisch motivierten Grundsätze zur „sprachlichen Gleichbehandlung“ basieren auf einer einseitigen und unrichtigen Einschätzung der Gegebenheiten in unserer Sprache. Das „generische Maskulinum“ (Mensch, Zuschauer, …) zum Feindbild zu erklären und dessen Abschaffung zu verlangen blendet die Tatsache aus, dass unsere Sprache ebenso ein „generisches Femininum“ (Person, Fachkraft, …) und ein generisches Neutrum (Publikum, Volk, …) kennt. Alle seit Jahrhunderten als Verallgemeinerung gebrauchten Wörter umfassen prinzipiell unterschiedslos beide Geschlechter. Die angeführten Beispiele beweisen dies. Es kann also weder die Rede davon sein, dass das jeweils andere Geschlecht nur „mitgemeint“ sei, noch das das „generische Maskulinum“ ein „geronnener Sexismus“ wäre und für die Unterdrückung der Frau in der Sprache stünde.

Problemlose Verständigung
Sprache dient in mündlicher und in schriftlicher Form einzig und allein der problemlosen Verständigung und nicht der Durchsetzung partikulärer Interessen. Die Forderung nach getrenntgeschlechtlichen Formulierung durch Einführung des Binnen-I (zB StudentInnen), hat trotz intensiven Bemühungen geringe Akzeptanz:

  • Laut jüngsten Umfragen lehnen 85 – 90 % der Bevölkerung die gegenwärtige Praxis der Textgestaltung im öffentlichen Bereich ab.
  • Eine wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2013 kam zum Ergebnis, dass in Printmedien nur bei 0,5 % von Aussagen, die auf beide Geschlechter bezogen sind, getrenntgeschlechtlich formuliert wurde.

Die Sprechfrequenzforschung belegt damit ganz im Gegensatz dazu überzeugend, dass der feminine Artikel „die“ in allen Arten von Texten um ein Vielfaches häufiger repräsentiert ist als der maskuline Artikel „der“.

Sprachlogische grammatische Fehler

Es ist daher falsch, die aus den angeführten irrigen Grundannahmen entstandenen Verunstaltungen des Schriftbildes, wie zB „KollegInnen“ zu gebrauchen!

Diese schriftlichen Verunstaltungen entsprechen einerseits nicht dem derzeit gültigen „Amtlichen Regelwerk“ zur deutschen Rechtschreibung, andererseits enthalten sie zum Teil grammatische oder sprachlogische Fehler und können in den angebotenen Formen nicht unmittelbar gelesen werden (siehe Pulikationen ua von Brühlmeier, Kubelik und Pohl).

Darüber hinaus erscheinen die femininen Formen in solchen Konglomeraten jeweils nur als „Anhängsel“ der maskulinen, wobei die maskulinen Formen durch „Anhängsel“ ebenfalls entstellt werden – keines von beiden Geschlechtern kann sich damit respektvoll angesprochen fühlen.

Binnen-I streichen!
Verunstaltungen des Schriftbildes, entstanden aus falscher Grundannahme über die Bedeutung von Worten, sollten daher wieder aus dem Schreibgebrauch gestrichen werden:

  • Binnen-I, zB KollegInnen
  • Schrägstrich im Wortinneren, zB Kolleg/-innen
  • Klammern, zB Kolleg(inn)en
  • hochgestelltes „a“ bzw. „in“ im Anschluss an bestimmte Abkürzungen zB Mag.a, DIin.

Auch auf die Forderung, ausweichende Formulierungen zu suchen, ist zu verzichten, weil der Schreiber durch krampfhaftes Suchen nach Ersatzformen häufig vom Wesentlichen des Inhalts abgelenkt wird und andererseits der Leser durch gekünsteltes Wortgut irritiert wird.

Der Verständlichkeit von Texten durch die traditionsgemäße Anwendung verallgemeinernder Wortformen muss wieder Vorrang vor dem Transport feministischer Anliegen eingeräumt werden.

In Schulbüchern dürfen daher nicht länger sprachlich zerstörte Texte stehen wie „Sie/Er verbindet ihr/ihm die Augen und führt sie/ihn an der Hand zur ihrer/seiner Garderobe“. In amtlichen Texten und Formularen dürfen nicht länger entstellte Formulierungen zu finden sein wie „Unterschrift ZeichnungsberechtigteR“.

Studenten sollen in ihren wissenschaftlichen Arbeit nicht länger höheres Augenmerk auf das „richtige Gendern“ zu legen haben als auf den Inhalt ihrer Arbeit.

Sprache war und ist immer ein Bereich, der sich basisdemokratisch weiterentwickelt: Was die Mehrheit der Sprachteilhaber als richtig empfindet, wird als Regelfall angesehen. Wo immer im Laufe der Geschichte versucht wurde, in diesen Prozess regulierend einzugreifen, hatten wir es mit diktatorischen Regimen zu tun.

Sinnerfassendes Lesen
Gewährleistet muss sein, dass durch die traditionsgemäße Anwendung verallgemeinernder Wortformen (zB die Person, der Zuschauer, das Volk) die Verständlichkeit von Texten Vorrang vor dem Transport feministischer Anliegen bekommt. Dies im Hinblick auf:

  • Kinder, die das sinnerfassende Lesen erlernen sollen
  • Menschen, die Deutsch als Fremdsprache erwerben
  • Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Blinde, Gehörlose, Menschen mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten)

Das staatstragende Prinzip „Demokratie“ verbietet daher a priori sprachliche Zwangsmaßnahmen, wie sie derzeit überhandnehmen. Ein minimaler Prozentsatz kämpferischer Sprachfeministinnen darf nicht länger der nahezu 90 %igen Mehrheit der Staatsbürger ihren Willen aufzwingen.

Der Entwurf der ÖNORM A 1080, der die öffentliche Debatte zu diesem Thema ausgelöst hatte, präsentiert einen Vorschlag, der die feministischen Anliegen maximal berücksichtigt, aber andererseits eine Rückkehr zur sprachlichen Normalität ermöglicht. Die Unterzeichneten plädieren daher mit Nachdruck dafür, diesen Entwurf auch auf höchster politischer Ebene zu unterstützen und zur Grundlage der Textgestaltung im öffentlichen Bereich zu erklären.

 

Univ.-Prof. i.R. Dr. Heinz-Dieter Pohl, Universität Klagenfurt
Em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Wiesinger, Universität Wien
Univ.-Prof. Dr. Herbert Zeman, Universität Wien
Prof. Mag. Dr. Thomas Kubelik, Autor des Buches „Genug gegendert“
Dr. Annelies Glander, Universität Wien

 

Über 800 Personen haben diesen „Offenen Brief an Frau Bildungs- und Frauenminister Gabriele Heinisch-Hosek und Herrn Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Dr. Reinhold Mitterlehner“ schon unterzeichnet (alle Namen auf krone.at), davon sind über 450 weiblich. Die größte Gruppe sind Schulleiter und Lehrkräfte. Über 30 Universitätsprofessoren unterstützen den Brief, mehr als 40 Autoren, Journalisten und Übersetzer. Viele bekannte Namen sind dabei, zB Chris Lohner, Albrecht Schröder, Bastian Sick, Werner Doralt, Konrad Paul Liessmann, Rudolf Taschner und Heinz Mayer.

 

Quelle: Sonntags-Krone vom 13. Juli 2014, „Sprachliche Gleichbehandlung“